24.04.19
Besuch aus Deutschland
Liebe Blog-Leser
Wenn ich erst mal volljährig bin, kann ich machen, was ich will…
Wenn ich erst mal 20 kg abgenommen habe, fühle ich mich perfekt…
Wenn erst mal die Kinder groß sind, habe ich wieder Zeit für meine Hobbys… Solche Sätze kennen wir alle und könnten sie unendlich ergänzen.
Der heutige Blogeintrag ist nicht von Esther, sondern von ihrer Mutter:
Ende März habe ich Esther für zwei Wochen in Südafrika besucht. Zwei Wochen sind keine lange Zeit, um das Oratorium, geschweige denn Südafrika kennenzulernen, allerdings kann man in zwei Wochen einige Eindrücke und Erfahrungen sammeln.
Die wichtigste Erfahrung, die ich aus Südafrika mitbringe ist die, einige Konditionalsätze aus meinem Vokabular zu streichen.
In den Townships, so mein Eindruck, hat dieses „wenn“ keinen Platz.
Es geht hier nicht darum, irgendwann mal irgendetwas zu unternehmen.
Die Kinder, die ich hier kennenlernen durfte, brauchen, wie alle Kinder, nicht irgendwann Fürsorge, Nahrung, Ausbildung – nicht, wenn es irgendwann einmal passt.
Sie haben jetzt Hunger und sie bekommen hier im Oratorium jetzt etwas zu essen. Sie werden jetzt in den Arm genommen, egal ob sie gesund, HIV-positiv oder aidserkrankt sind. Sie werden jetzt geliebt, ganz gleich wie gut oder schlecht sie es bisher gelernt haben, sich zu benehmen oder sich sozial zu verhalten.
Es ist wirklich das Lächeln des Kindes oder das schüchterne „Danke“, welches bewusst macht, wie kostbar und unwiederbringlich der Augenblick für jeden von uns ist.
Das Zweite, das mich beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass das gesamte Projekt, einschließlich aller Mitarbeiter und Priester ausschließlich von Spenden leben! (Hier gibt es keine Kirchensteuer!) – soviel zum Thema „Planungssicherheit“.
Durch den Mut, dieses Projekt vor rd. 16 Jahren gestartet zu haben und das nicht enden wollende Engagement aller Beteiligten, konnte hier aus dem „Nichts“ etwas Großartiges entstehen.
Ganz gewiss ist so etwas ohne das Gebet nicht möglich.
Es braucht aber auch Spender und damit Geldgeber.
Viele Dinge sind bereits realisiert, doch es gibt noch sehr viel zu tun. Jede Hand, die hilft, bewirkt etwas. Jeder Euro, der gespendet wird, erzielt ein Ergebnis.
Man geht hier mit vielen kleinen Dingen so einfallsreich um, dass man in kurzer Zeit Größeres damit bewirken kann.
Zum Schluss sei trotzdem eine kritische Frage erlaubt:
Was bringt das eigentlich alles, wenn sich letztlich doch nicht wirklich viel und grundsätzlich ändert? Lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?
Von einer warmen Mahlzeit werden weder Aids noch Tuberkulose aus den Townships verschwinden.
Durch eine liebevolle Umarmung werden sich kriminelle Gangs hier nicht auflösen.
Von der ein oder anderen Stunde des gemeinsamen Lernens und Spielens werden nicht alle hier lebende Kinder in der Lage sein einen Beruf zu erlernen oder zu studieren. Das stimmt.
Doch die Erfahrung der Kinder, dass das Leben auch schöne Augenblicke für sie bereit hält, das Erleben, dass sie als Kinder eine Würde besitzen, geliebt und gewollt sind, - ja, diese Erfahrungen sind alle Mühen wert !
Ein junger Mann, der noch bei seinen Eltern im Township lebt und hier im Oratorium als Kind groß geworden ist, studiert.
Andere junge Menschen aus dem Township können ausgebildet werden und ihr eigenes Geld verdienen.
Nein, für einige Kinder und Jugendliche wird es vielleicht nicht deutlich besser werden, aber viele Kinder erfahren hier, was es bedeutet, Hoffnung zu haben, auf eine Zukunft, in der sie besser leben werden.
Und diese Zukunft beginnt jetzt und nicht irgendwann, wenn einmal alles perfekt sein sollte …..
Ganz herzlich grüßt euch alle
Bettina Fricke
16.02.19
Halbzeit
Liebe Blog-Leser!
Nun bin ich schon bei der Hälfte meines Freiwilligendienstes angekommen. Bei meiner Rückkehr aus Namibia hat es sich angefühlt, wie nach einer Reise, bei der man wieder nach Hause kommt. Und genau das ist dieser Ort hier in Oudtshoorn im Township: mein Zuhause. Ein Ort, an dem ich lachen und weinen kann; ein Ort, an dem ich einfach „ich“ sein kann. Ein Ort, der geprägt ist von schönen Momenten, Konflikten und allem, was zum Leben dazugehört, aber letzten Endes einer, der der sichere Hafen ist.
Das alles war mir in mancher Hinsicht schon klar, ist mir aber noch einmal bewusster geworden. Vor allem, als mich ein paar der älteren Mädels, während ich noch in Namibia war, angeschrieben haben, weil sie wissen wollten, wann ich zurückkomme. Da hat mich das Heimweh nach Oudtshoorn gepackt. Und in einem halben Jahr heißt es: wieder zurück nach Deutschland, zurück in das scheinbar Altbekannte. Jedoch wird es mit dem Studienbeginn und dem dazugehörigen Umzug auch ein Neustart werden.
Aber erstmal werde ich mich weiter auf das Leben im Projekt vor Ort fokussieren und mich nicht verrückt machen, mit den Gedanken an meine Rückkehr nach Deutschland.
Aufgrund einer großzügigen Spende meiner deutschen Pfarrgemeinde St. Walburga in Werl, sind wir nun in der Lage das Dach und die Fenster im Haus Luigi zu reparieren, sowie einige weitere Dinge zu verbessern, die den Kindern eine deutlich angenehmere Atmosphäre zum Spielen und Lernen ermöglichen. Wir sind hier vor Ort alle sehr dankbar für diese Spende! Nun wartet auf uns viel Arbeit, um alles umzusetzen und ich freue mich schon, dieses Projekt anzugehen.
Die kommenden Monate scheinen mir jetzt schon viel zu kurz, um all das umzusetzen, was notwendig wäre.
In der Erwartung einer eindrucksvollen und bereichernden, zweiten Hälfte meines Aufenthalts hier, wünsche ich euch allen ein angenehmes Auftauen aus dem Winter, während ich hier den Hochsommer noch ein bisschen genießen darf.
Eure Esther
16.01.19
Wundervolle Eindrücke
Liebe Blog-Leser!
In den letzten zwei Monaten habe ich viele, neue und wunderbare Eindrücke bekommen und andere, mir vorher unbekannte Seiten, kennengelernt.
Nikolaus ist hier im Projekt ein großes Fest, zu dem rd. 1300 Kinder ins unser Amphitheater eingeladen wurden und eine bunte Show mit vielen Süßigkeiten genossen. Das war der Anfang einer so ganz anderen Weihnachtszeit.
Durch das Beten einer Novene vor Weihnachten, eine 9tägige auf Weihnachten vorbereitende Gebetszeit, war ich innerlich ganz anders auf Weihnachten eingestellt, als ich es von Deutschland gewohnt war.
Auch Weihnachten und Silvester ohne die Familie und Freunde um mich herum, aber dafür mit den Menschen vor Ort zu feiern, war natürlich zum einen eine Zeit des Vermissens, aber gleichzeitig auch eine Zeit neuer, prägender Erlebnisse, die mich das Fest der Geburt des Gottessohns mit anderen Augen wahrnehmen ließ.
Anfang Januar habe ich mich dann mit Jonathan, einem so guten und brüderlichen Freund aus dem Oratorium, auf nach Kapstadt gemacht.
Definitiv die schönste Stadt, die ich je kennengelernt habe.
Großstadttrouble, Fischerdorfleben, wunderschöne, verschiedenste Landschaften, aber auch die überall in Südafrika vorkommenden Towenships machen aus Kapstadt eine unendlich vielseitige Stadt, die mindestens einen Besuch wert ist.
Anschließend ging es weiter nach Namibia (Otijwarongo) und momentan treffe ich mich zu einem Zwischenseminar mit den anderen „mundus – Freiwilligen“, die in den verschiedensten Ländern Afrikas eingesetzt werden.
Die Zeit des Austauschs mit ihnen macht mir noch einmal deutlich, dass sich „Afrika“ nicht pauschalisieren lässt. Es gibt unendlich viele Facetten und Kulturen, man kann sie unmöglich alle kennenlernen, geschweige denn verstehen. Wir haben viel Zeit des Reflektierens unserer bisherigen Erfahrungen und Zeit des Nachdenkens über das, was uns nach unserer Zeit im Ausland erwartet.
Was wollen wir nach dieser Zeit mit unserem Leben anfangen?
Nun liegen noch die letzten Tage des Seminars vor mir und dann geht`s endlich wieder nach Hause, ins Projekt. Irgendwie erschreckt es mich, dass ich momentan mehr Heimweh nach meinem neuen Zuhause habe, als ich es je nach meinem Leben in Deutschland hatte.
Gespannt, was mich in den nächsten Monaten noch für neue Facetten des Lebens in Oudtshoorn erwartet, aber auch die Vertiefung, des schon Bekannten, wünsche ich euch allen ein unvergessliches, neues Jahr, mit all den „Aufs und Abs“, die das Leben ausmachen.
Eure Esther
18.11.18
LEBEN AB SOFORT
Liebe Blog-Leser!
Leben bis zuletzt? – Sicher, - doch vor allem:
Leben ab sofort!!!
Wir leben jetzt. Ein so einfacher, immer wieder mal gesagter und doch so wahrer Satz.
Im letzten Monat standen einige Herausforderungen an. Von den jährlichen Feuern in den Bergen zwischen George und Oudtshoorn, die dieses Jahr so zerstörerisch wie noch nie waren, über die kleinen Monster, die man Kindern nennt, bis hin zu tiefen Auseinandersetzungen mit dem Leben und dem Tod.
Aber nun von vorne: Hier ist es „normal“, dass um diese Zeit des Jahres aufgrund der beginnenden Hitze, die Berge brennen. Doch so stark und so nah an die Städte kommt das Feuer, so hat man es mir gesagt, sonst kaum.
Es ist merkwürdig, dass der Geruch von Rauch, der „Nebel“, der die Sonne verdeckt und die zeitweiligen Stromversorgungsprobleme zur Normalität werden. Aber was kann man schon gegen Naturgewalten unternehmen? Letztlich muss man sich damit abfinden und beten, dass es nicht zu dramatisch wird.
Vor ein paar Wochen habe ich angefangen, zwei mal die Woche vormittags im Haus Bethanien zu helfen. Das ist das Haus, welches Kinder im Alter von 0 – 6 Jahren betreut. Definitiv nicht meine Altersgruppe! Ich hab mich so hilflos gefühlt. Um mich herum dreckige, schreiende Monster, die noch nicht einmal Englisch verstehen und an Ohrringen, Haaren und Kleidung zerren, wenn sie mal nicht schreien.
Ich dachte mir, immerhin bin ich gezwungen mein Afrikaans zu verbessern – wenigstens etwas Positives. Aber mit der Zeit sah ich mehr und mehr jedes Kind für sich. In jeden von ihnen steckt soviel Potential und soviel Freude und Liebe. Mittlerweile sind sie mir echt ans Herz gewachsen, obwohl sie nicht weniger anstrengend sind, als am Anfang. Aber wie kann man sich so einer Liebe widersetzen, wenn man nicht ein Herz aus Stein hat? Auch die anfangs-pubertären „big girls“ vom Haus Luigi mit denen ich einen (freundlich ausgedrückt) schwierigen Start hatte – ich bin froh, dass ich die Beleidigungen auf Afrikaans nicht wirklich verstanden habe – werden mehr und mehr so etwas wie Schwestern für mich.
Was mir dadurch noch deutlicher wurde ist, dass es definitiv nicht so ist, dass ich in ein Township gegangen bin, um die helfende, weiße Hand zu sein, sondern das ich hundertmal mehr von diesen Menschen zurück bekomme, als ich ihnen jemals geben können werde.
Eine weitere Sache, die mir diesen Monat vor Augen geführt wurde, ist die Einsicht, dass Leben und Tod nicht voneinander zu trennen sind, sondern dass wir uns mit jedem Atemzug dem Tod ein bisschen nähern. Er ist Teil, wenn auch der letzte Teil, unseres Lebens. Das Sterben eines Menschen den wir lieben, lässt auch in uns etwas sterben, in unserem irdischen Leben. In diesem Monat ist meine Großtante – eine sehr wichtige Person für mich – und die letzte ihrer Generation in unserer Familie, verstorben. Besser gesagt: sie ist erlöst (worden).
Das und ebenso das Erleben, das hier Tod und Leben so viel enger beieinander liegen, haben viel in mir in Gang gesetzt. Die Menschen werden hier nicht so alt, wie wir es gewohnt sind. Das Leben ist gewaltvoller und Krankheiten sind, aufgrund unfairer medizinischer Versorgung, für die meisten, tödlicher. Aber in mancher Hinsicht leben die Menschen hier mehr als wir. Vor zwei Tagen war ich auf einem Fest einer Vorschule und die Kinder waren aufgebrezelt wie wir in Deutschland zum Abi-Ball. Die Stimmung war offen, herzlich und fröhlich. Es muss nichts perfekt sein, um perfekt zu sein! Einfach versuchen, das Leben zu leben und Projekte realisieren – ganz gleich, ob es ein Buch zu lesen gilt, ein Bild zu malen, eine Gartenhütte zu bauen oder einen bestimmten Ort zu besuchen. Nicht nur darüber nachdenken – bis das Leben an einem vorüber gezogen ist ….
In diesem neuen Bewusstsein, das dieses irdische Leben wirklich endlich ist, werde ich versuchen, mir an dieser Lebenseinstellung ein Beispiel zu nehmen.
Und auch euch möchte ich bitten, eure Projekte umzusetzen, die schon viel zu lange nur ein Plan waren.
Vor 12 Jahren gab es die „verrückte“ Idee das Oratorium, das in der City von Oudtshoorn stand, mitten in ein Township zu verlegen, näher zu den Menschen, die Hilfe brauchen. Wer schon einmal etwas über Townships gehört hat, weiß, wie verrückt diese Idee anmutete. Heute ist aus dieser Idee ein „Paradies“ geworden, in das nun Menschen Zugang haben, die früher einfach nur chancenlos waren!
Lebt ab sofort!
Eure Esther
15.10.18
Lieber Blog Leser,
Was soll man tun, wenn man soviel sagen möchte, das Leben einem aber „die Sprache verschlägt“ und schlicht und einfach die Worte fehlen?
Genau so fühle ich mich seit einiger Zeit. Ich möchte gerne das teilen, was mich bewegt, weiß aber nicht genau wie.
Eigentlich ist in diesem Monat nicht viel passiert – oberflächlich betrachtet. Außer zum sonntäglichen Messgang nach Dysseldorp bin ich nicht einmal aus Oudthoorn herausgekommen.
Manche Freunde haben mich gefragt: „Willst du denn nichts sehen von Südafrika?“ – Doch, natürlich, aber dieser Ort und das Leben hier sind zu meinem Zuhause geworden. Wenn man es so sieht, habe ich mich einfach richtig in meinem neuen Zuhause eingelebt.
Und sind wir mal ehrlich: Wie oft plant man in seinem Zuhause in der Gegend herum zu reisen und neue Dinge zu entdecken??
Meistens lebt man einfach seinen Alltag und das ist auch in Ordnung so, wenn man versucht dort die wertvollen Momente zu finden.
Ich bin mir sicher, dass sich hier noch einige Gelegenheiten zum Reisen finden werden.
Es ist wirklich verrückt, zu realisieren, dass ich irgendwann, wenn ich wieder nach Deutschland zurück komme, dort meinen Platz komplett neu finden muss, sowohl in der Gesellschaft, als auch im Freundeskreis und sogar in der Familie.
Die Lebenseinstelllungen, Schicksale, aber insbesondere ein paar Menschen, die ich nun zu den Wichtigsten in meinem Leben zähle, haben mich und mein Glaubensleben jetzt schon langfristig beeinflusst. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber es ist auch viel zu verarbeiten und manchmal scheint es mir unmöglich, aber dann weiß ich, dass meine Freunde, meine Familie und Gott mir zur Seite stehen und mir dabei helfen oder einfach für mich da sind, wenn alles unerträglich scheint.
Mehr kann ich an dieser Stelle gar nicht sagen.
Ich wünsche jedem in seinem, scheinbar immer gleichen Alltag, wieder und wieder, das Besondere zu finden.
Eure Esther
11.09.18
Lieber Blog Leser,
Eine Welt in Worte zusammenfassen, erklären oder auch nur einen Umriss skizzieren? - Unmöglich!
Das ist es, was ich bis jetzt hauptsächlich gelernt habe. Man sagt ja, dass man die Dinge nicht schwarz oder weiß sehen soll, sondern dass es tausende Nuancen von Grautönen gibt. Genau darauf habe ich mich bei meiner Reise nach Südafrika versucht einzustellen.
Und dann? - Auf einmal sind es gar keine Grautöne, sondern ein Regenbogen mit unendlich vielen Farben und es ist, als ob ich noch nicht einmal die groben Namen der Farbkategorien weiß und nun versuche den Menschen, die vielleicht gar nicht wissen, dass es Farben gibt, diese zu erklären.
So sitze ich hier und beginne dies alles in Worte zu fassen, wobei mir bewusster als je zuvor ist, dass ich bisher nur einen sehr kleinen Ausschnitt gesehen habe. Es wird auch immer nur ein Ausschnitt bleiben, den ich von dieser Welt zu sehen bekomme. Und ich sehe ihn gefärbt durch die Brille meiner Weltanschauung und persönlichen Geschichte.
Die Menschen in den Townships leben unter Bedingungen, die man sich, mich eingeschlossen, nicht einmal vorstellen kann. Die Kinder, welche hier Nachmittag für Nachmittag ins Projekt kommen, spieglen genau das wieder. Sie sind so anstrengende, so voller Liebe, so gemeine, so fürsorgliche, so nervenaufreibende und einfach so tolle, kleine Menschen.
2,5 Stunden nachmittags auf sie aufzupassen, ihnen versuchen grobe Verhaltensregeln und auch Gebete näher zu bringen, kostet mich viele Nerven. Doch diese Kinder sind zugleich ein so großes Geschenk. 2,5 Stunden sind allerdings dann auch erst mal genug. Da bin ich, ehrlich gesagt, gar nicht traurig, vormittags mit den anderen Freiwilligen stundenlang simple Aufgaben zu erledigen, wie Massen von Möhren zu waschen, zu schälen, zu schneiden. Ernsthaft: hunderte von Kilos hat das Oratorium gespendet bekommen. Und wir alle hier sind dankbar für Spenden.
Doch - es lohnt sich! Auch wenn die Kinder wieder und wieder anfangen sich zu schlagen, sich zu beleidigen (das versteht man auch ohne Afrikaans zu beherrschen) und, und ,und. Weshalb also lohnt es sich trotzdem? - Ich kann es nicht genau sagen. Es sind die kleinen Ding, wie das "dankie", das ohne Aufforderung kommt oder ein Kind, das seinen Stolz, - mehr oder weniger das Einzige, was die Kinder besitzten- überwindet und sich bei einem anderen Kind entschuldigt.
Aber es ist auch nicht zwingend so, zumindest habe ich es bisher nicht so erfahren, dass auf der einen Seite der arme, coloured Mensch ist und auf der anderen "bösen" Seite der reiche Weiße.
Alles erscheint wie in eng beieinanderliegenden Paralleluniversen, die jedoch nicht nur parallel und getrennt voneinander, sondern auch mehr oder weniger gemeinsam verwoben existieren. Ich habe sowohl die eine als auch die andere Seite ein bisschen kennengelernt und weiß, ich kann es nicht richtig erklären. Aber ich denke, die Meisten sind auf keiner Seite. Es gibt hier nicht einfach Weiße, Schwarze, Coloured, Gute, Böse, Reiche, Arme. Mir begegnen hier schlicht und ergreifend: Menschen!
Und doch gibt es Lebensumstände, die nicht lebenswert sind und viele die dort, wenn sie denn nicht aufgegeben haben, eben versuchen ein lebenswertes Leben zu finden.
Und ich werde versuchen, das Ganze mehr und mehr zu verstehen und zu erklären, auch wenn ich weiß, dass dies eine "Sysifus-Aufgabe" ist und ohne Gott an meiner Seite, schier unmöglich.
Eure Esther
14.08.18
Lieber Blog Leser,
ich bin Esther Fricke, eine 19 jährige Abiturientin und ich werde euch im nächsten Jahr regelmäßig von meinem Freiwilligendienst in Oudtshoorn/Südafrika berichten.
In der 60.000 Einwohner großen Stadt östlich vom Kap haben Ordensbrüder im August 1997 die Kongregation des hl. Phillip Neri in Oudtshoorn gegründet und es sich seit 2006 zur Aufgabe gemacht, eine Anlaufstelle für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene des Townships Brigton (dem Stadtteil aus dem die Gemeindemitglieder der Oratorianer überwiegend kommen) zu errichten.
In unterschiedlichen Häusern werden die jungen Menschen versorgt, erfahren Unterstützung in Schule und Alltagssituationen, führen Projekte durch und erleben eine christliche Gemeinschaft, welche sie in ihren schwierigen Lebenssituationen oft nicht finden können.
Ich werde im Haus Luigi eingesetzt, einer Tagesstädte in der 70-100 Kinder im Alter von 3-14 Jahren im Nachmittagsbereich eine warme Mahlzeit ( oft ihre einzige am Tag) und einem Ort von Aufmerksamkeit und Zuwendung finden. Dort stehen ihnen Spielzeug und Bücher, sowie auf dem Gelände Sportplätze, ein Kletterpark, die Gärten, die Kapelle und das Amphitheater zur Verfügung.
Des Weiteren gibt es noch das Haus Nazareth, eine Kinder- und Jugendhilfstelle, in der Minderjährige Schutz und vorrübergehende Unterbringung bei schwerwiegenden familiären Problemen finden.
Das dritte Haus auf dem Gelände der Oratorianer ist das Haus Bethanien, eine Kinderkrippe, initiiert von den Schwestern der göttlichen Vorsehung. Dieses Haus legt den Fokus auf die Versorgung der unterernährten Säuglinge und Kleinkinder aus Brigton und Umgebung.
Im Haus Phillip, welches erst 2015 entstanden ist, können ältere Jugendliche in Einzelprojekten mit sportlichem und handwerklichem Hintergrund im Projekt verbunden bleiben. Somit wird die Gefahr verringert, dass sie in eine kriminelle Szene abrutschen und sie bleiben weiterhin Teil der Gemeinschaft.
Die Oratorianer wollten von Anfang an nicht nur Nothilfe leisten. Glauben, Religion, sowie Kunst und Kultur sollten erfahrbarer gemacht werden und die Talente der Kinder gefördert werden.
Daher wurde auch ins Zentrum ein Amphitheater für Theater und Musikstücke errichtet. In der Karwoche wird dort z.B. die Passion und zum Nikolaustag die Weihnachtsgeschichte aufgeführt.
Im mühsam auf dem dürren Land angebauten Garten kann mittlerweile Gemüse für die eigene Verpflegung geerntet werden und durch den der Ertrag der Olivenernte das Projekt unterstützt werden. Die Kinder erlernen hier auch, was sie bei sich zuhause vor ihren Hütten anbauen können.
Auf das Projekt bin ich durch den Weihbischhof M. König aus Paderborn gestoßen. Nachdem ich mich auf der Internetseite informiert hatte, war ich sehr fasziniert davon, was sich diese Menschen aus dem Nichts, ohne finanzielle Perspektiven, nur mit dem reinen Gottvertrauen und auf der Basis von Spenden und Freiwilligen errichtet haben. Daher war mir auch schnell klar, dass ich genau dort meinen Freiwilligendienst verrichten möchte.
Nun ist es schon fast soweit und ich werde vom mundus eine Welt e.V. als Missionarin auf Zeit ausgesandt. Ich bin schon gespannt, welche Erlebnisse dort auf mich zukommen werden.
Falls ihr jetzt noch weitere Informationen zum Projekt möchtet, schaut doch einfach auf der Webseite der Oratorianer- www.dieoratorium.de vorbei .
Ich freue mich schon euch Neues zu berichten. Bis dahin alles Gute!
Eure Esther